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Cannabis als komplementäre Therapie bei einer Krebserkrankung: Was ist belegt – was nicht?

Viele Menschen mit einer Krebserkrankung suchen nach Möglichkeiten, ihre Lebensqualität während der Therapie zu verbessern. Chemotherapie, Bestrahlung oder moderne Immuntherapien können sehr wirksam sein, bringen aber oft erhebliche Nebenwirkungen mit sich. Häufig genannte Probleme sind Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen, Schlafstörungen oder Appetitlosigkeit.


Cannabis rückt hier seit einigen Jahren stärker in den Fokus. Die darin enthaltenen Substanzen, allen voran THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol), wirken auf das körpereigene Endocannabinoid-System. Die Hoffnung: Beschwerden lassen sich dadurch lindern, auch wenn die Krebsbehandlung selbst dadurch nicht ersetzt wird.

Hilft Cannabis bei Übelkeit während einer Chemotherapie?

Übelkeit und Erbrechen gehören zu den unangenehmsten Nebenwirkungen einer Chemotherapie. Moderne Medikamente wie 5-HT3- oder NK1-Antagonisten sowie Olanzapin wirken in den meisten Fällen sehr gut, doch manchmal reicht das nicht aus.

Wenn die Beschwerden trotz Standardtherapie bestehen bleiben, können Cannabinoide wie Dronabinol oder Nabilon eine zusätzliche Option sein. Studien zeigen, dass sie bei therapieresistenter Übelkeit wirksam sein können. Deshalb empfehlen Fachgesellschaften ihren Einsatz nicht als erste Wahl, sondern als Möglichkeit, wenn herkömmliche Mittel versagen.

Wichtig ist, die Erwartungen realistisch zu halten. Viele der Studien sind älter, und die wissenschaftliche Grundlage gilt als eher schwach. Zudem treten Nebenwirkungen wie Schwindel, Müdigkeit oder Mundtrockenheit relativ häufig auf.

Wirkt Cannabis gegen Krebsschmerzen?

Viele Betroffene wünschen sich, dass Cannabis eine ähnlich starke Wirkung wie Opioide bei Tumorschmerzen hat. Die bisherige Studienlage fällt jedoch gemischt aus. Einige Untersuchungen zeigen kleine Verbesserungen, vor allem wenn zusätzlich zu Opioiden ein Cannabis-Spray wie Nabiximols angewendet wird. Andere Studien fanden keinen klaren Nutzen. Auch größere klinische Studien konnten keinen einheitlichen positiven Effekt bestätigen.
Die Quintessenz lautet: Cannabis kann in Einzelfällen bei hartnäckigen Schmerzen ausprobiert werden, wenn herkömmliche Medikamente ausgeschöpft sind. Für den breiten Einsatz in der Routineversorgung reicht die aktuelle Datenlage nicht aus.

Kann Cannabis den Appetit steigern und Gewichtsverlust verhindern?

Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust belasten viele Krebspatienten erheblich. Aus der HIV-Therapie ist bekannt, dass Cannabis den Appetit steigern kann. Bei Krebserkrankungen ist die Studienlage jedoch deutlich schwächer.
Einige Patienten berichten, dass sie mit Cannabis wieder mehr essen können. In wissenschaftlichen Übersichtsarbeiten sind die Ergebnisse jedoch uneinheitlich. Manche Studien zeigen leichte Vorteile, andere keinen Effekt.
Cannabis kann also in Einzelfällen eine Hilfe sein, sollte aber nicht als Ersatz für eine umfassende ernährungsmedizinische Betreuung gesehen werden. Auch Medikamente wie Kortison oder Progestagene haben weiterhin einen festen Platz im Umgang mit tumorbedingter Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust.

Kann Cannabis den Tumor selbst bekämpfen?

Im Labor lassen sich interessante Effekte beobachten: Manche Cannabinoide hemmen das Wachstum von Krebszellen oder lösen deren Absterben aus. Diese Ergebnisse stammen jedoch fast ausschließlich aus Zellkultur- und Tierversuchen.
Beim Menschen konnte bislang keine klinische Studie zeigen, dass Cannabis das Tumorwachstum bremst oder die Überlebenszeit verlängert. Aussagen, die Cannabis als direkte Krebsbehandlung darstellen, sind daher irreführend. Der Einsatz von Cannabis bleibt auf die Linderung von Symptomen beschränkt und ersetzt keine onkologische Therapie.

Gibt es Risiken bei einer Immuntherapie?

Ein besonders sensibler Bereich ist die Kombination von Cannabis mit modernen Krebsbehandlungen wie Immuncheckpoint-Inhibitoren. Erste Beobachtungsstudien deuten darauf hin, dass Patienten, die Cannabis während einer solchen Therapie nutzten, schlechtere Ergebnisse hatten. Ob Cannabis tatsächlich die Wirkung der Medikamente mindert oder ob andere Faktoren eine Rolle spielen, etwa ein insgesamt schlechterer Gesundheitszustand der Betroffenen, ist wissenschaftlich noch nicht geklärt.

Fachgesellschaften raten daher zu Vorsicht. Wer eine Immuntherapie erhält, sollte Cannabis nur nach Rücksprache mit dem behandelnden Onkologenteam verwenden. Selbstmedikation ist in diesem Kontext besonders riskant, da schon kleine Veränderungen im Immunsystem den Therapieerfolg beeinflussen können.

In der onkologischen Praxis gibt es verschiedene Möglichkeiten, Cannabis medizinisch einzusetzen. Am häufigsten verschrieben werden THC-haltige Präparate wie Dronabinol oder Nabilon. Sie haben sich vor allem bei hartnäckiger Übelkeit oder bei Appetitlosigkeit bewährt.

CBD wird von manchen Patienten bevorzugt, weil es nicht berauschend wirkt und als beruhigend gilt. Die wissenschaftliche Grundlage für den Einsatz von reinem CBD in der Onkologie ist jedoch noch schwach.

Eine weitere Option sind Kombinationspräparate wie Nabiximols, ein Mundspray, das THC und CBD im Verhältnis 1:1 enthält. Dieses Präparat wurde in Studien vor allem bei Krebsschmerzen untersucht.

In Deutschland können außerdem Cannabisblüten und standardisierte Extrakte verschrieben werden. Dabei schwanken die Gehalte an THC und CBD je nach Sorte, weshalb eine enge ärztliche Begleitung notwendig ist. Welche Form sinnvoll ist, hängt letztlich von den Beschwerden, möglichen Vorerkrankungen und den gleichzeitig eingesetzten Medikamenten ab.

Mit welchen Nebenwirkungen muss man rechnen?

Cannabis wird oft als natürliche Pflanze wahrgenommen, doch das bedeutet nicht, dass es frei von Nebenwirkungen ist. Besonders THC kann bei höheren Dosierungen Probleme verursachen. Häufig treten Schwindel, Müdigkeit, trockener Mund oder Blutdruckabfälle beim Aufstehen auf. Manche Betroffene berichten auch von Stimmungsschwankungen, Angstgefühlen oder Konzentrationsstörungen.

Für ältere Patienten ist das Risiko für Stürze erhöht, da Kreislaufschwankungen in Kombination mit Cannabis stärker ausfallen können. Hinzu kommt, dass Cannabis über die Leber abgebaut wird und mit vielen anderen Medikamenten interagieren kann. Besonders bei gleichzeitiger Einnahme von Opioiden oder Beruhigungsmitteln ist Vorsicht geboten.

Deshalb gilt: Cannabis sollte in der Krebsbehandlung niemals ohne ärztliche Begleitung eingesetzt werden. Nur so lassen sich Nebenwirkungen überwachen und Wechselwirkungen rechtzeitig erkennen.

Krebs wird mit etablierten Methoden behandelt – durch Operation, Bestrahlung, Chemotherapie oder Immuntherapie. Cannabis kann diese Verfahren nicht ersetzen, sondern höchstens ergänzen.

Die Leitlinien sehen eine klare Reihenfolge vor: Zunächst werden bewährte Medikamente eingesetzt, zum Beispiel gegen Übelkeit oder Schmerzen. Erst wenn diese nicht ausreichen, kann ein ergänzender Versuch mit Cannabinoiden erwogen werden. Dabei wird die Dosis schrittweise gesteigert und der Effekt engmaschig kontrolliert. Ziel ist es nicht, die Krankheit zu heilen, sondern die Lebensqualität zu verbessern.

Ist medizinisches Cannabis auf Rezept erhältlich?

In Deutschland können Ärzte seit 2017 Cannabisblüten und Extrakte verschreiben. Seit 2024 ist die Verordnung durch das neue Medizinal-Cannabisgesetz einfacher geworden, da kein Betäubungsmittelrezept mehr nötig ist. Die Abgabe erfolgt in Apotheken.

Für wen ist Cannabis als komplementäre Behandlung nicht geeignet?

Cannabis ist nicht für alle Betroffenen eine Option. Menschen mit einer Psychose oder schweren kognitiven Einschränkungen sollten es nicht einnehmen, da es die Beschwerden verschlimmern könnte. Auch während einer Schwangerschaft oder Stillzeit wird vom Konsum abgeraten.

Vorsicht ist außerdem bei Patienten mit bestehenden Kreislaufproblemen geboten, da Cannabis den Blutdruck zusätzlich senken kann. Besonders heikel ist die Situation während einer Immuntherapie, wo Cannabis möglicherweise die Wirkung abschwächt.

Wo steht Cannabis in der Krebsbehandlung?

Cannabis ist kein Heilmittel gegen Krebs. Es kann Tumoren nicht verkleinern und die Krankheit nicht aufhalten. Dennoch spielt es für manche Betroffene eine wichtige Rolle, weil es Symptome lindern kann. Dazu gehören vor allem therapieresistente Übelkeit, anhaltende Schmerzen oder Appetitlosigkeit.

Die wissenschaftliche Grundlage für diese Anwendungen ist begrenzt, die Nebenwirkungen sind real und dürfen nicht unterschätzt werden. Wer Cannabis in der Krebsbehandlung nutzen möchte, sollte dies immer gemeinsam mit dem behandelnden Arzt entscheiden. Eine offene Kommunikation, eine vorsichtige Dosierung und regelmäßige Kontrollen sind die Voraussetzung dafür, dass Cannabis die Lebensqualität tatsächlich verbessern kann – ohne die eigentliche Therapie zu gefährden.