
Medizinisches Cannabis und Alkohol – eine gefährliche Mischung?
Seit dem 1. April 2024 ist der Konsum von Cannabis in Deutschland für Erwachsene legal, sowohl im privaten Rahmen als auch eingeschränkt im öffentlichen Raum. Diese Gesetzesänderung hat bei vielen den Eindruck verstärkt, dass Cannabis harmlos sei, besonders im Vergleich zu Alkohol. Doch gerade unter jungen Erwachsenen nimmt der gleichzeitige Konsum beider Substanzen immer weiter zu, meist bei Feiern oder gesellschaftlichen Anlässen. Die Risiken dieser Kombination werden dabei häufig unterschätzt.
Was passiert im Körper, wenn Alkohol und Cannabis konsumiert werden?
Alkohol und Cannabis beeinflussen beide das zentrale Nervensystem, also Gehirn und Rückenmark. Sie wirken auf verschiedene Signalwege und verändern Wahrnehmung, Verhalten, Bewegungsabläufe und kognitive Funktionen. Ihre Effekte können sich dabei gegenseitig verstärken, abschwächen oder unvorhersehbar vermischen.
Wie wirkt Alkohol auf Gehirn und Körper?
Alkohol gehört zu den dämpfenden Substanzen. In geringen Mengen wirkt er zunächst stimulierend und enthemmend. Dies liegt daran, dass er bestimmte hemmende Botenstoffe im Gehirn blockiert, insbesondere GABA und Glutamat. Viele Menschen fühlen sich dadurch gelöster oder gesprächiger.
Mit steigender Menge kehrt sich dieser Effekt jedoch um. Die motorischen Fähigkeiten nehmen ab, die Sprache wird undeutlich, und die Reaktionszeit verlängert sich. In schweren Fällen kommt es zu Koordinationsstörungen, Bewusstlosigkeit oder Alkoholvergiftung.
Bei regelmäßigem Konsum kann Alkohol die Struktur des Gehirns verändern, vor allem im Bereich des präfrontalen Cortex, der für Impulskontrolle, Planung und Entscheidungsfähigkeit verantwortlich ist. Studien zeigen, dass dort Nervenzellen geschädigt und Hirnvolumen reduziert werden, was langfristig das Denkvermögen beeinträchtigen kann.
Welche Effekte hat Cannabis im Gehirn?
Der wichtigste Wirkstoff von Cannabis ist THC, das über das körpereigene Cannabinoidsystem wirkt. Dieses System reguliert unter anderem Emotionen, Schmerzempfinden, Schlaf und Appetit. THC bindet an sogenannte CB1-Rezeptoren im Gehirn und kann dadurch entspannend, schmerzlindernd oder stimmungsverändernd wirken.
Typisch für den Rauschzustand sind verlangsamtes Denken, verändertes Zeitempfinden oder eine gewisse Gleichgültigkeit. Bei manchen Menschen kann es jedoch auch zu Unruhe, Angst oder Verwirrung kommen, abhängig von Dosierung, Konsumerfahrung und individueller Veranlagung.
Besonders riskant ist regelmäßiger Cannabiskonsum bei Jugendlichen. Ihr Gehirn befindet sich noch in der Entwicklung, und frühe, anhaltende Exposition gegenüber THC kann das Risiko für psychische Erkrankungen, Gedächtnisstörungen und Depressionen deutlich erhöhen.
Wie wirken Alkohol und Cannabis gemeinsam?
Wer Alkohol und Cannabis gleichzeitig konsumiert, setzt sich komplexen und schwer vorhersehbaren Wechselwirkungen aus. Alkohol kann die Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke erhöhen, wodurch THC schneller und intensiver ins Gehirn gelangt. Wird zunächst Alkohol konsumiert und anschließend Cannabis, fällt der Rausch oft deutlich stärker aus. Dies erhöht das Risiko für Übelkeit, Kreislaufprobleme und psychische Überreaktionen.
Wird umgekehrt erst Cannabis konsumiert und danach Alkohol getrunken, berichten viele Betroffene von einer deutlich stärkeren Trunkenheit als üblich. In beiden Fällen steigt die Gefahr für Kontrollverlust, Unfälle und impulsive oder aggressive Reaktionen erheblich.
Wie reagieren Leber und Stoffwechsel auf Cannabis und Alkohol?
Sowohl Alkohol als auch Cannabis werden in der Leber abgebaut, jedoch über unterschiedliche Enzymsysteme.
Alkohol wird hauptsächlich über die Enzyme ADH (Alkoholdehydrogenase) und ALDH (Aldehyddehydrogenase) verstoffwechselt. Dabei entstehen toxische Zwischenprodukte wie Acetaldehyd, die Leberzellen schädigen können. Selbst bei regelmäßig moderatem Konsum sind entzündliche Prozesse, Fettleber oder langfristig eine Leberzirrhose möglich.
Cannabiswirkstoffe wie Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) werden über das sogenannte Cytochrom-P450-Enzymsystem abgebaut, insbesondere über CYP2C9 und CYP3A4. Anders als Alkohol zeigen Cannabinoide in der Leber bisher keine direkte toxische Wirkung. Einige experimentelle Studien deuten sogar auf eine entzündungshemmende Wirkung über CB2-Rezeptoren hin. Diese Erkenntnisse basieren jedoch größtenteils auf Tiermodellen oder Zellversuchen. Aussagekräftige Daten aus Studien am Menschen fehlen bislang.
Wie wirken Alkohol und Cannabis zusammen auf Gehirn und Psyche?
Alkohol und Cannabis beeinflussen das zentrale Nervensystem auf unterschiedliche Weise. Alkohol hemmt bestimmte Neurotransmitter wie GABA und wirkt zunächst stimmungsaufhellend und enthemmend, später jedoch dämpfend. Cannabis wirkt über CB1-Rezeptoren auf Botenstoffe wie Dopamin oder Glutamat, was entspannen, aber auch zu Desorientierung oder Angst führen kann.
Wer beides kombiniert, riskiert ernsthafte kognitive Ausfälle, plötzliche Angstzustände oder impulsives Verhalten. Besonders gefährlich ist dieser Mischkonsum für Jugendliche und junge Erwachsene. Ihr Gehirn befindet sich noch in der Entwicklung, und die gleichzeitige Einnahme beider Substanzen kann die neuronale Reifung nachhaltig stören.
Ist Alkohol gefährlicher als Cannabis?
Beide Substanzen können der Gesundheit ernsthaft schaden, nur auf unterschiedliche Weise. Cannabis kann bei Menschen mit entsprechender Veranlagung schon in kleinen Mengen eine bisher unerkannte Schizophrenie auslösen. Alkohol wiederum kann selbst bei regelmäßig moderatem Konsum das Gehirn verändern, die Leber stark belasten und das Risiko für bestimmte Krebsarten erhöhen. Sowohl Alkohol als auch Cannabis können körperlich und psychisch abhängig machen und wirken sich langfristig negativ auf Körper und Geist aus. Welche Substanz gefährlicher ist, lässt sich nicht pauschal sagen, denn das hängt immer von der Person, der Häufigkeit und der konsumierten Menge ab.
Was passiert, wenn man Alkohol und Cannabis kombiniert?
Die gleichzeitige Einnahme von Alkohol und Cannabis, vor allem bei Partys oder Festivals, ist weit verbreitet, besonders bei jüngeren Menschen. Was oft verkannt wird: Die Kombination verstärkt viele Effekte beider Substanzen auf unvorhersehbare Weise. Häufige Folgen sind Übelkeit, Schwindel, Orientierungsstörungen und im Extremfall sogar ein Kreislaufzusammenbruch.
Wie beeinflusst die Reihenfolge den Rausch?
Wird zuerst Alkohol konsumiert und danach Cannabis, steigt der THC-Spiegel im Blut stark an, was den Rausch verstärken kann. Umgekehrt, also bei erstem Cannabiskonsum gefolgt von Alkohol, fühlen sich viele Konsumierende deutlich stärker betrunken, selbst wenn objektiv weniger Alkohol konsumiert wurde. In beiden Fällen können sich die sedierenden Wirkungen beider Substanzen überlagern, was die Kontrolle über den Körper und das Verhalten weiter einschränkt.
Was sollte man beim Konsum von Cannabis und Alkohol beachten?
Wer beide Substanzen konsumiert, sollte bedenken, dass die Abbauzeiten individuell stark variieren, abhängig vom Körpergewicht, Stoffwechsel und Konsummenge. Selbst wenn subjektiv kein Rauschgefühl mehr besteht, können Restwirkungen vorhanden sein, die Leistungsfähigkeit und Reaktionsvermögen beeinträchtigen.
Wie lange sollte man zwischen Alkohol und Cannabis warten?
Da sich die Wirkungen von Alkohol und Cannabis gegenseitig verstärken können, raten Expert:innen dringend dazu, Mischkonsum zu vermeiden. Eine exakte Zeitspanne, die als sicher gilt, lässt sich aber kaum festlegen. Wer dennoch beides konsumiert, sollte idealerweise mindestens sechs bis acht Stunden Abstand halten, um das Risiko für unerwünschte Wechselwirkungen zu verringern.
Ist Autofahren nach Konsum erlaubt?
Wer medizinisches Cannabis auf Rezept bekommt, darf grundsätzlich Auto fahren, allerdings nur dann, wenn keine zusätzliche Beeinträchtigung vorliegt. Sobald Alkohol ins Spiel kommt, gilt die Fahrtüchtigkeit in der Regel als nicht mehr gegeben. Das gilt auch bei geringer Promillezahl. Die Folge können Bußgeld, Punkte in Flensburg oder sogar eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) sein. Die Kombination aus Cannabis und Alkohol ist im Straßenverkehr mit hohen rechtlichen Risiken verbunden. Weitere Informationen zu Cannabis im Straßenverkehr findest Du hier.
Welche gesundheitlichen Risiken bestehen?
Auch wer nur gelegentlich Alkohol und Cannabis kombiniert, sollte sich bewusst sein, dass das Herz-Kreislauf-System schon bei geringen Mengen deutlich belastet werden kann. Individuelle Faktoren wie körperliche Fitness, Vorerkrankungen oder die Einnahme anderer Medikamente können das Risiko zusätzlich erhöhen. Und das oft, ohne dass man es merkt.
Welche Wechselwirkungen mit Medikamenten sind möglich?
Der Mischkonsum von Alkohol und Cannabis kann in Kombination mit bestimmten Medikamenten besonders gefährlich werden. Dazu zählen unter anderem Beruhigungs- und Schlafmittel, Antidepressiva, Blutdrucksenker oder starke Schmerzmittel. Die gleichzeitige Einnahme kann zu einer verstärkten oder unvorhersehbaren Wirkung führen, die sich in starker Benommenheit, Blutdruckabfällen, Herzrhythmusstörungen oder deutlich eingeschränkter Reaktionsfähigkeit äußert. In manchen Fällen kann sich auch das Risiko für Atemprobleme oder Kreislaufzusammenbrüche erhöhen. Wenn Du regelmäßig Medikamente einnimmst, solltest Du vor dem Konsum von Cannabis oder Alkohol und besonders wenn Du beides kombinierst unbedingt vorher mit Deinem Arzt oder Deiner Ärztin Rücksprache halten.
Wie wirkt sich der Mischkonsum auf das Herz-Kreislauf-System aus?
Alkohol und Cannabis beeinflussen das Herz-Kreislauf-System auf verschiedene Weise. Alkohol kann den Blutdruck erhöhen, die Gefäßspannung verändern und die Herzfrequenz steigern. THC, der psychoaktive Bestandteil von Cannabis, wirkt über spezifische Rezeptoren, die unter anderem auch die Herzaktivität modulieren. Häufig führt das zu einem beschleunigten Puls, vereinzelt auch zu Blutdruckabfällen. Werden beide Substanzen kombiniert, steigt die Belastung des Herzens deutlich an. Besonders bei Menschen mit nicht diagnostizierten Herzproblemen kann es so zu Rhythmusstörungen oder in seltenen Fällen sogar zu akuten kardiovaskulären Ereignissen kommen.
Welche Langzeitfolgen sind möglich?
Langfristig kann regelmäßiger Konsum beider Substanzen erhebliche gesundheitliche Schäden verursachen. Alkohol erhöht nachweislich das Risiko für chronische Erkrankungen wie Leberzirrhose, bestimmte Krebsarten und Demenz. Cannabis kann insbesondere bei jungen Menschen die psychische Stabilität gefährden und sich negativ auf Konzentration, Gedächtnis und emotionale Belastbarkeit auswirken. Werden beide Substanzen regelmäßig kombiniert, potenzieren sich diese Risiken: Psychische Erkrankungen, sozialer Rückzug und kognitive Defizite treten häufiger auf. Auch körperlich steigt die Belastung für Organe wie Herz, Leber und Gehirn. Dabei unterschätzen viele die Gefahr, wenn der Konsum nur an Wochenenden oder „in Maßen“ stattfindet, denn die schleichenden Folgen zeigen sich oft erst nach Jahren.
Was tun bei Übelkeit, Schwindel oder einem „Bad Trip“?
Kommt es nach dem Konsum zu akuten Beschwerden wie starker Übelkeit, Schwindel, Kreislaufabfall oder Angstgefühlen, ist es wichtig, dass Du Ruhe bewahrst. Such Dir einen ruhigen, gut belüfteten Ort, leg Dich hin und trink Wasser, um Deinen Kreislauf zu stabilisieren. Am besten ist es, wenn jemand bei Dir ist, der Dich beruhigen kann. Treten ernstere Symptome auf, wie z. B. Atemnot, Herzrasen, Halluzinationen oder das Gefühl, das Bewusstsein zu verlieren, solltest Du oder Deine Begleitperson ärztliche Hilfe verständigen. Es ist besser, einmal zu viel den Notruf zu wählen als eine ernsthafte Komplikation zu riskieren.
Warum konsumieren viele trotzdem beides?
Trotz der bekannten Risiken greifen viele Menschen, vor allem junge Erwachsene, regelmäßig zu beiden Substanzen. Häufig geschieht das in gesellschaftlichen Situationen wie Partys oder Festivals. Alkohol senkt Hemmungen und erhöht die Risikobereitschaft, was dazu führen kann, dass Cannabis schneller als zusätzliche „Steigerung“ konsumiert wird. Das dadurch entstehende sogenannte „Crossfading“ verspricht einen intensiveren Rausch, ist aber schwer kontrollierbar. Viele unterschätzen dabei die Wechselwirkungen, die sich auf Stimmung, Wahrnehmung und Körperfunktionen auswirken können.
Wer sich für den Konsum entscheidet, sollte sich über die Risiken bewusst sein, auf Warnsignale des Körpers achten und verantwortungsvoll handeln. Besonders für Menschen mit gesundheitlichen Vorbelastungen, psychischer Instabilität oder in der Entwicklungsphase des Gehirns, also vor allem bei Jugendlichen, kann die Kombination langfristige Folgen haben.
Kann Cannabis helfen, den Alkoholkonsum zu reduzieren?
Tatsächlich gibt es erste wissenschaftliche Hinweise, dass CBD, ein nicht berauschender Wirkstoff der Cannabispflanze, das Verlangen nach Alkohol senken kann. In einer randomisierten Studie des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim aus dem Jahr 2024 erhielten alkoholabhängige Personen eine Einzeldosis von 800 Milligramm CBD. Die Ergebnisse waren vielversprechend: Die Aktivität im Nucleus accumbens, einer zentralen Hirnregion für Suchtempfinden, war deutlich reduziert. Gleichzeitig berichteten die Teilnehmenden von weniger Craving, insbesondere in stressreichen Situationen.
Diese Erkenntnisse deuten darauf hin, dass CBD eine unterstützende Rolle in der Rückfallprophylaxe bei Alkoholsucht spielen könnte. Allerdings sind weitere klinische Studien notwendig, um Wirksamkeit, Dosierung und Sicherheit verlässlich einschätzen zu können.
Vorsichtig sein, statt verharmlosen
Die gleichzeitige Einnahme von Alkohol und Cannabis, auch wenn es sich um medizinisches Cannabis online auf Rezept handelt, ist keineswegs harmlos. Die Mischwirkung birgt gesundheitliche, psychische und rechtliche Risiken. Besonders gefährdet sind junge Menschen, Menschen mit psychischen Vorerkrankungen sowie alle, die am Straßenverkehr teilnehmen. Wer sicher konsumieren möchte, sollte sich gründlich über die Nebenwirkungen informieren, auf Mischkonsum möglichst verzichten, auf seinen Körper achten und bei Unsicherheiten professionellen Rat einholen.