
Cannabis & Blutdruck-Probleme: Was sagt die Wissenschaft wirklich?
Bluthochdruck gehört zu den häufigsten Volkskrankheiten weltweit. Millionen Menschen sind betroffen, oft ohne es sofort zu merken, denn die Erkrankung verursacht lange Zeit kaum Beschwerden. Gleichzeitig steigt der Konsum von Cannabis, sei es aus medizinischen Gründen oder im Freizeitbereich.
Viele Betroffene fragen sich daher: Hat Cannabis eine Wirkung auf den Blutdruck? Kann es helfen, ihn zu senken, oder birgt es eher Risiken für Herz und Gefäße?
Die Antworten darauf sind nicht so einfach. Während manche Studien Hinweise auf kurzfristige Effekte liefern, warnen Fachgesellschaften wie die American Heart Association vor möglichen Nebenwirkungen.
Klar ist: Das Herz-Kreislauf-System reagiert sensibel auf Substanzen wie THC oder CBD. Wer Cannabis konsumiert und gleichzeitig an Bluthochdruck leidet, sollte genau wissen, was im Körper passiert.
Was ist Bluthochdruck?
Bluthochdruck, medizinisch Hypertonie genannt, bedeutet, dass der Druck in den Blutgefäßen dauerhaft zu hoch ist. Normalerweise bewegt sich der Blutdruck bei gesunden Erwachsenen etwa bei 120/80 mmHg. Liegt er dauerhaft über 140/90 mmHg, spricht man von Bluthochdruck.
Das Problem: Ein erhöhter Blutdruck belastet Herz, Gefäße und Organe auf Dauer massiv. Er gilt als einer der wichtigsten Risikofaktoren für Herzinfarkt, Schlaganfall oder Nierenschäden. Deshalb wird Hypertonie oft als „stiller Killer“ bezeichnet, denn viele merken zunächst nichts, bis ernsthafte Folgen auftreten.
Zu den typischen Ursachen gehören Übergewicht, Bewegungsmangel, eine salz- und fettreiche Ernährung, Stress oder erbliche Faktoren. Medikamente, Alkohol und auch Drogen wie Cannabis können den Blutdruck zusätzlich beeinflussen – und genau hier beginnt die spannende Frage: Welche Rolle spielt Cannabis?
Wie wirkt Cannabis auf Bluthochdruck?
Cannabis enthält verschiedene Wirkstoffe, von denen vor allem THC und CBD eine Rolle spielen. Beide beeinflussen das Herz-Kreislauf-System, aber auf ganz unterschiedliche Weise.
Was macht THC mit Herz und Kreislauf?
THC bringt deinen Körper in Alarmbereitschaft. Der Puls steigt, das Herz schlägt schneller und bei manchen geht auch der Blutdruck kurzfristig nach oben. Gleichzeitig kann genau das Gegenteil passieren, wenn du aufstehst: Der Blutdruck sackt ab, dir wird schwindelig oder kurz „schwarz vor Augen“.
Und wie wirkt CBD?
CBD wirkt deutlich ruhiger. Erste Hinweise deuten darauf hin, dass es den Blutdruck leicht senken könnte. Bisher wurde das aber nur bei wenigen gesunden Menschen getestet. Ob CBD wirklich eine Hilfe bei Bluthochdruck ist, wissen wir noch nicht.
Wie wirkt sich die Konsumart auf den Blutdruck aus?
Nicht nur die Wirkstoffe selbst, sondern auch die Art, wie du konsumierst, wirkt sich unterschiedlich auf den Blutdruck aus.
Was passiert beim Rauchen oder Vapen?
Wenn du einen Joint rauchst oder den Vaporizer nutzt, sind die Wirkstoffe innerhalb weniger Minuten im Blut. Puls und Blutdruck reagieren sofort und spürbar.
Dazu kommt: Beim Rauchen entstehen zusätzlich Schadstoffe wie Teer oder Kohlenmonoxid, die Herz und Gefäße ähnlich belasten wie Tabak. Auch Vapen ist nicht risikofrei. Die Belastung ist zwar geringer, aber ganz verschwinden sie nicht.
Was ist anders bei Ölen oder Kapseln?
Über den Magen-Darm-Trakt dauert es länger, bis die Wirkung einsetzt, weil das Öl erst verdaut werden muss und die Cannabis-Kapsel sich zuerst auflösen muss um das medizinische Cannabis freizugeben. Dafür hält die Wirkung dann auch länger an. Die Spitzen sind nicht so stark, was sich für viele angenehmer anfühlt. Trotzdem können auch hier Puls und Blutdruck beeinflusst werden. Der Unterschied liegt nur darin, dass du keine Verbrennungsprodukte aufnimmst.
Könnte eine Cannabis-Therapie den Blutdruck langfristig senken?
Hier wird es spannend, aber auch ernüchternd. Kleine Untersuchungen deuten an, dass sich der Blutdruck bei manchen Menschen leicht verbessert, wenn sie medizinische Präparate wie Öle oder Extrakte nutzen. Aber: Diese Studien hatten nur wenige Teilnehmende und liefen über kurze Zeiträume. Für eine echte Therapieempfehlung reicht das nicht.
In großen Bevölkerungsstudien zeigt sich kein klarer Zusammenhang zwischen regelmäßigem Cannabiskonsum und dauerhaft niedrigerem Blutdruck. Das spricht dafür, dass Cannabis kein verlässliches Mittel gegen Bluthochdruck ist.
Wenn du deinen Blutdruck senken willst, bleib bei bewährten Methoden: gesunde Ernährung, Bewegung, Stressabbau und Medikamente, falls nötig. Cannabis ist dafür bisher nicht geeignet.
Gibt es Risiken für Herz und Kreislauf?
Während mögliche Vorteile von Cannabis bei Bluthochdruck noch unsicher sind, zeigen sich die Risiken deutlicher und verlässlicher. Vor allem THC belastet das Herz-Kreislauf-System auf verschiedene Weisen.
Ein zentrales Problem ist der erhöhte Sauerstoffbedarf des Herzens. THC treibt den Puls nach oben, wodurch der Herzmuskel mehr arbeiten muss und mehr Sauerstoff benötigt. Für gesunde Menschen mag das harmlos erscheinen, doch wer bereits unter einer koronaren Herzerkrankung oder Herzschwäche leidet, setzt sein Herz damit unter zusätzlichen Stress.
Darüber hinaus kann THC Herzrhythmusstörungen auslösen. Besonders häufig wird Vorhofflimmern beschrieben, eine Rhythmusstörung, die das Risiko für Schlaganfälle deutlich erhöhen kann. Auch Extraschläge oder unregelmäßiger Herzschlag sind möglich und werden von Betroffenen oft als Herzstolpern oder Herzrasen wahrgenommen.
Regelmäßiger Konsum kann zudem mit einem höheren Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle verbunden sein. Dabei ist unklar, ob Cannabis allein ursächlich ist oder ob andere Faktoren wie Rauchen, Bewegungsmangel oder ungesunde Ernährung eine Rolle spielen. Fest steht aber: In den großen Bevölkerungsstudien taucht der Zusammenhang immer wieder auf.
Nicht zu unterschätzen ist auch die sogenannte orthostatische Hypotonie. Dabei fällt der Blutdruck beim Aufstehen plötzlich ab. THC verstärkt diesen Effekt, sodass Schwindel, Benommenheit oder sogar Ohnmacht auftreten können. Besonders in Kombination mit blutdrucksenkenden Medikamenten kann das gefährlich werden und zu Stürzen führen.
Wer ist besonders gefährdet?
Nicht jeder reagiert gleich empfindlich auf Cannabis, doch es gibt Gruppen, bei denen die Risiken klar höher sind. Ältere Menschen gehören dazu, denn mit zunehmendem Alter wird der Kreislauf instabiler. Schon ein kurzer Blutdruckabfall beim Aufstehen kann reichen, um Schwindel oder eine Ohnmacht auszulösen. Ein Sturz in dieser Lebensphase hat oft schwerwiegende Folgen.
Auch Menschen mit Herzschwäche oder koronarer Herzkrankheit sind stärker gefährdet. Ihr Herz ist ohnehin belastet, und wenn THC den Puls beschleunigt und den Sauerstoffbedarf erhöht, gerät es schnell an seine Grenzen.
Zusätzlich spielen begleitende Risikofaktoren eine Rolle. Wer raucht, Diabetes hat, übergewichtig ist oder unter Fettstoffwechselstörungen leidet, lebt schon mit einem deutlich höheren Grundrisiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Cannabis kann diese Belastung noch verstärken.
Schließlich ist auch bei Patienten Vorsicht geboten, die blutdrucksenkende Medikamente einnehmen. Mittel wie Diuretika oder Alphablocker senken den Blutdruck ohnehin. In Kombination mit THC kann es leichter zu Kreislaufproblemen oder sogar Ohnmachten kommen.
Kann CBD als Blutdruckmittel eingesetzt werden?
Der Wunsch nach einer sanften, pflanzlichen Alternative ist groß, doch die Evidenz ist dünn. Die Studienlage zu CBD ist bisher auf wenige kleine und kurzfristige Untersuchungen beschränkt. Dort zeigte sich teilweise eine leichte Blutdrucksenkung. Ob dieser Effekt aber auch bei Hypertoniepatienten langfristig anhält, ist ungeklärt.
Hinzu kommt: CBD kann mit anderen Medikamenten wechselwirken, da es Enzyme der Leber beeinflusst, die am Abbau vieler Wirkstoffe beteiligt sind. Das macht eine ärztliche Begleitung unverzichtbar.
Ein sicheres Blutdruckmittel ist CBD also nicht. Es kann höchstens ergänzend wirken, wenn es um Stress oder Schlafprobleme geht, die indirekt den Blutdruck beeinflussen.
Ist medizinisches Cannabis auf Rezept eine Option?
In Deutschland wird medizinisches Cannabis bei bestimmten Indikationen verschrieben, etwa bei chronischen Schmerzen, Spastiken oder Appetitlosigkeit im Rahmen schwerer Erkrankungen. Bluthochdruck gehört jedoch nicht dazu.
Das heißt: Wer Cannabis auf Rezept erhält und gleichzeitig an Hypertonie leidet, sollte seine Blutdruck-Werte regelmäßig messen und die Therapie eng mit dem behandelnden Arzt abstimmen. Wichtig ist, offen über Nebenwirkungen wie Schwindel, Herzklopfen oder Kreislaufprobleme zu sprechen.
Was bedeutet das für den Alltag mit Bluthochdruck?
Wer trotz Hypertonie Cannabis konsumiert, sollte einige Vorsichtsmaßnahmen beachten:
- Verzichte möglichst auf Rauchen und Vapen. Orale Formen sind weniger belastend, wenn auch nicht risikofrei.
- Halte die Dosis niedrig und beobachte, wie dein Körper reagiert.
- Miss regelmäßig Blutdruck und Puls, besonders in den ersten Stunden nach dem Konsum.
- Achte auf Anzeichen wie Schwindel oder Herzrasen.
- Besprich den Konsum mit deinem Arzt, vor allem wenn du Herzmedikamente einnimmst.
Vermeide Autofahren oder das Bedienen von Maschinen, solange du die Wirkung spürst. - So lassen sich Risiken zumindest verringern, auch wenn Cannabis keine Therapie für Bluthochdruck darstellt.
Wie bewerten Fachgesellschaften die aktuelle Datenlage?
Die American Heart Association und andere Fachgesellschaften sind sich einig: Cannabis bietet keinen gesicherten Nutzen für das Herz-Kreislauf-System. Stattdessen betonen sie mögliche Risiken wie Herzrhythmusstörungen, erhöhte Sauerstoffbelastung des Herzens oder ein höheres Risiko für Schlaganfälle.
Ihre Empfehlungen sind eindeutig: Cannabis sollte nicht als Therapie gegen Bluthochdruck genutzt werden. Wer es konsumiert, sollte offen mit Ärzten darüber sprechen, Rauch und Dampf meiden, auf Qualität achten und mögliche Wechselwirkungen prüfen lassen.
Cannabis ist kein Blutdruckmittel
Die Forschung zeigt: Cannabis kann Blutdruck und Puls kurzfristig beeinflussen, doch diese Effekte sind weder stabil noch zuverlässig genug, um als Behandlung zu gelten. Kleine Studien liefern interessante Hinweise, aber große Datensätze sprechen gegen eine therapeutische Wirkung. Deutlich stärker sind die Belege für mögliche Risiken, vor allem für Herz und Gefäße.
Für Menschen mit Bluthochdruck bleibt die leitliniengerechte Behandlung der Standard, also gesunde Lebensführung, Stressabbau und wirksame Medikamente. Cannabis kann allenfalls zusätzliche Risiken bringen, nicht die Lösung.
Wer dennoch konsumiert, sollte verantwortungsvoll damit umgehen, auf Rauch verzichten, die Dosis gering halten und ärztliche Begleitung suchen. Nur so lassen sich Gefahren minimieren.